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reieRMeisters Mitleid in Dosen

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2. November 2004

Liebe deutsche Phonoindustrie,

meine erste Dose Mitleid ist für Euch! Ganz allein! Ihr habt sie Euch redlich verdient!

„Warum?“ werdet Ihr Euch sicher fragen, „Geht es uns denn nicht schon schlecht genug?“ Und diese Frage ist berechtigt. Schließlich wurde Euch übel mitgespielt!

Als Ihr bei der Suche nach einer Erklärung für die Absatzkrise, in der Ihr Euch noch immer befindet, die offensichtlichen Möglichkeiten wie: „Unser Angebot passt nicht auf den Markt“ oder „Der Markt ist geschrumpft, weil die Leute weniger Geld haben und weniger konsumieren“ durch den Reißwolf gejagt hattet, kam Euch offenbar die Idee schlechthin.

Die bösen Raubkopierer, die Euch nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnten, waren für Eure Millionenverluste verantwortlich! Ganz klar – schließlich war ja jetzt jeder, der genug Geld für einen Blödmarkt-PC und genügend Resthirn für die simple Hand-Auge-Maus-Koordination besaß, ein potentieller, also realer Raubkopierer. Keine Frage! Müßte ein jeder dieser Schwerverbrecher die CDs kaufen, wären Eure Verluste fast ausgeglichen!

Da also die Privatkopie die weiche Einstiegsdroge zur harten Piraterie darstellte, musstet Ihr in der Prävention arbeiten. Es begann damit, dass Ihr Eure CDs fortan mit einem Kopierschutz ausrüstetet und auf Eure Lobbyarbeit hin per Gesetz das Umgehen eines solchen verboten wurde. Ihr hattet damit wohl die Hoffnung, dass fortan niemand mehr Hand an das von Euch verwaltete geistige Eigentum legen würde. Die Rechnung ging nicht auf: kaum war der erste Kopierschutz im Einsatz, war er bereits geknackt worden.

Vielmehr musstet Ihr feststellen, dass zahlreiche Eurer Kunden die Kröten, die Ihr Ihnen da untergejubelt hattet, auf einmal nicht fressen wollten. Denn dummerweise ließen sich derartige Audio-CD-Derivate auf zahlreichen – stellenweise nicht mal billigen – CD-Playern nicht abspielen. Zahlreiche Computerlaufwerke verweigerten den Dienst bis hin zum Erzeugen von Systemfehlern auf einigen Apple-Macintosh-Computern. Sich also aus seinen gekauften CDs auf legalem Wege MP3-Dateien zu erzeugen war nicht mehr möglich.

Zu allem Überfluß wollten die Gerätehersteller von CD-Playern den Schwarzen Peter, den Ihr ihnen zugespielt hattet, nicht einfach so aufnehmen. Unverschämtheit! Schliesslich hätten die Euch ja fragen können, auf welche Art und Weise Ihr den CD-Audio-Standard zu vernichten gedachtet!

Mal ernsthaft …

Ihr habt mit Eurer Aktion einen Fehler gemacht: Ihr habt Eure Kunden aufs Korn genommen – nicht die Raubkopierer. Und bisher konnte es sich noch kein Industriezweig dauerhaft leisten, seine Kunden zu verärgern. Ich als Kunde muss nicht verstehen, dass es Euch wirtschaftlich nicht gut geht. Ich als Kunde sehe nur, dass Ihr mir Mist verkaufen wollt, der nicht das leistet, was er soll – nämlich auf allen meinen Geräten abspielbar sein. Und Entschuldigung, dass ich mich darüber aufrege: Ich habe ja auch nur dafür bezahlt!

Dass Ihr Euren Fehler langsam erkennt, beweist nicht zuletzt die für den Herbst 2004 von BMG angekündigte Preisoffensive für Audio-CDs und Derivate (bei denen die Derivate im Preis relativ gleich teuer bleiben und die High-end CD wesentlich teurer werden). Vielleicht setzt sich in diesem Zuge ja auch gleich noch die fundamentale Erkenntnis der Marktwirtschaft durch: „Der Markt hat immer recht!“

Wenn Euch künftig mal wieder die Kunden wegbleiben, sucht doch mal zur Abwechslung zuerst nach Euren eigenen Fehlern!

Na dann Prost!
Euer reieRMeister